Der Anti-Stress-Trainer für Musiker

Zahllose Musiker, Instrumentallehrer, Musikpädagogen, Komponisten und auch Textschreiber, die allermeist sehr euphorisch in ihre Karriere starten, sind schon bald desillusioniert, erschöpft oder leiden sogar unter Burnout. Gründe dafür sind unter anderem eine unsichere finanzielle Position, unregelmäßige Arbeitszeiten und auch eine starke körperliche Belastung. Hier verspricht der Anti-Stress-Trainer Hilfe.
Autor Joe Orszulik blickt auf eine längere Karriere als freiberuflicher Musiker und Musikschulinhaber zurück. Diese Jahre waren stark geprägt von Stress, Unruhe, Unsicherheit und wenig Ruhezeit, was bei ihm zu körperlichen Krankheiten und nervlichen Symptomen führte. Aus diesem Grund war für Joe Orszulik nach 17 Jahren der Zeitpunkt gekommen, sich aus dem Musik-Business sukzessive zurückzuziehen. Es folgten zwei sehr intensive Jahre der Selbsterfahrung, des Lernens und der Heilung. Heute arbeitet der Autor als Hypnotiseur, Hypnose-Ausbilder und Coach, um all das, was ihm ein leichtes, stressfreies, erfolgreiches, glückliches und selbstbestimmtes Leben ermöglicht hat, weiter zu geben. Nach einem Vorwort des Herausgebers zum Thema Stress beschreibt Joe Orszulik in einem
Prolog, wie er Überforderung im Musikerberuf wahrgenommen hat. Das folgende Kapitel beginnt mit einem dramatisch dargestellten Erlebnis um einen Rock-Cover Auftritt, der, wegen einer versehentlich nicht eingepackten E-Gitarre, ausschließlich auf der Akustik-Gitarre bestritten werden musste. Es ist eine dieser Anekdoten, die man mit etwas Abstand eher lustig finden würde, stünde sie nicht im Anti-Stress-Trainer. Nach einer recht knappen und allgemein gehaltenen Auflistung von Stressfaktoren im Leben eines Musikers, wie zum Beispiel schlechte Vorbereitung oder Konkurrenzdruck, folgt ein Erlebnis aus dem Musikschulleiterleben des Autors: Ein Vater, der seine überzogenen Erwartungen an den Sohn im Unterrichtsvertrag festschreiben will. Insgesamt lässt einen das Kapitel eher ratlos zurück, denn hier fehlt der Rote Faden. Positiver Stress und die Kraft der Selbstmotivation sowie der Umgang mit negativem Stress werden im nachfolgenden Kapitel beleuchtet, das anschaulich und recht fundiert geschrieben wurde. Musikerspezifische Themen werden sporadisch angerissen. Eine tiefer gehende Auseinandersetzung findet aber nicht statt. Highlight des Anti-Stress-Trainers ist das Schlusskapitel. Dort werden zehn konkrete Methoden zur Stressbewältigung beschrieben. Unter anderem geht es um die Arbeit mit positiven Glaubenssätzen und um Atemtechnik. Leser, die sich noch nie mit Stressmanagement beschäftigt haben, bekommen hier viele gute Anregungen.
Für ein Buch, das sich explizit an Musiker richtet, ist das aber zu wenig. Wer im Musikbusiness überleben will, muss an seiner inneren Einstellung arbeiten und findet dafür im Anti-Stress-Trainer sicher viele Anregungen. Aber er muss auch an seinem handwerklichen Können arbeiten: Gute Vorbereitung ist der Schlüssel, um Proben und Auftritte genießen zu können. Dies geschieht zum Beispiel durch effektive Organisation von Logistik und Equipment. Überforderung am Instrument kann man entgegenwirken, indem man Instrumentalparts auf das Wesentliche reduziert. Es gibt Übungsstrategien, die helfen, schwierige Instrumental und Gesangsparts so zu verinnerlichen, dass man sie selbst im Halbschlaf gut spielen kann. Leider findet man im Anti-Stress-Trainer zu all dem kein Wort. Joe Orszulik schreibt ausschließlich aus der Perspektive des Therapeuten und geht das Thema somit zu einseitig an.
Fazit: Der Anti-Stress-Trainer für Musiker ist bei genauerer Betrachtung nur ein Anti-Stress-Trainer, da Musikerthemen zu oberflächlich und einseitig angegangen werden. Das Buch ist ein brauchbarer Einstieg ins Thema Stressmanagement. Nicht mehr und nicht weniger.
Michael Ende